Eine Verjährung bedeutet im Allgemeinen, dass nach dem Ablauf eines gewissen Zeitraums eine bestimmte Forderung nicht mehr durchgesetzt werden kann. Im Falle des Erbrechts bedeutet das, dass ein Erbe nach Ablauf der sogenannten Verjährungsfrist kein Anrecht mehr auf einen Pflichtteilanspruch besitzt.
Erfahren Sie hier, was Sie hinsichtlich Pflichtteilsansprüchen, der Regelverjährung, weiteren Fristen bei Eintritt des Erbfalls und in der Nachlassplanung wissen sollten.
Ab wann verjährt ein Pflichtteilanspruch?
Besteht bei einem Erbfall ein Pflichtteilsanspruch, verjährt dieser nach drei Jahren. Voraussetzung ist, dass der Pflichtteilsberechtigte Kenntnis über das Erbe und seine Enterbung beziehungsweise den zu geringen Erbanteil besaß. Hatte er darüber keine Kenntnis, ist eine Verlängerung der Verjährung bis zu maximal 30 Jahren möglich.
In diesen Fällen tritt eine Verjährung ein
Gemäß § 195 BGB tritt eine Verjährung für einen Pflichtteilsanspruch nach drei Jahren ein. Start der Frist ist das Ende des Jahres, in welchem der Berechtigte
oder
erhielt.
Ist keiner dieser Fälle eingetreten und der Berechtigte ist sich des Erbfalls nichts bewusst, kann gemäß § 199 Absatz 3a BGB die Verjährungsfrist von drei auf bis zu dreißig Jahre verlängert werden.
Ein Beispiel für die Berechnung der Verjährungsfrist
Eine Tochter erfährt im Juli 2020 vom Tod ihres Vaters. Dieser ist bereits im Oktober im Jahr 2014 verstorben. Die Tochter hat in diesem Fall erst sechs Jahre später von dem Tod des Vaters erfahren. Mit Kenntnisnahme des Todesfalls wird die Tochter gleichzeitig über eine Enterbung informiert. Somit ergibt sich, dass der Pflichtteilsanspruch der Tochter zum 31.12.2023 verjährt.
Ausschlaggebend für die Errechnung für die Verjährungsfrist ist die Tatsache, dass die Tochter zeitgleich vom Tod des Erblassers als auch von der Enterbung erfahren hat.
Diese Gründe führen zu einer Verzögerung der Verjährung
Im Fall einer Erbschaft können verschiedene Faktoren dazu führen, dass es zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist kommt.
Anspruch Anerkennung durch den Schuldner
Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Erbe den Anspruch gegenüber dem entsprechenden Pflichtteilsberechtigten anerkennt. Sobald es zu einer Anerkennung kommt, beginnt die Frist von drei Jahren erneut, um die Ansprüche geltend zu machen. Dadurch, dass der Schuldner den Anspruch anerkennt, tritt kein Schutz einer Verjährung in Kraft.
Die Hemmung der Verjährung
Ein weiterer Fall, in welchem es zu einer Verzögerung der Verjährung kommt, ist die sogenannte Hemmung. Gemäß § 203 BGB tritt diese in Kraft, indem Schuldner und Gläubiger eine Verhandlung über den Erbanspruch beginnen. Die Verjährungsfrist wird so lange ausgesetzt, wie die Verhandlungen andauern (§ 209 BGB). Ein wichtiger Aspekt liegt in der Nachweisbarkeit der Verhandlungen. Nur dann werden diese als solche anerkannt und die Frist pausiert.
Kommt es von einer der beiden Seiten zu einer Weigerung für weitere Verhandlungsschritte, endet die Hemmung drei Monate später.
Der Unterschied zwischen einer Hemmung und Unterbrechung
Bei einer Hemmung pausiert die Verjährungsfrist. Sobald die Gründe für die Hemmung der Verjährung wegfallen, läuft die Frist weiter. Eine Unterbrechung einer Verjährungsfrist sorgt dagegen dafür, dass die Frist im Anschluss erneut zu laufen beginnt.
Weitere Gründe für eine Verlängerung
Ein weiterer Grund für die Verlängerung der Verjährungsfrist richtet sich gemäß § 211 BGB nach dem Zeitpunkt, zu welchem das Erbe angenommen oder ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Verjährung tritt nicht vor sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt ein.
Die Beweislast der Verjährung
Eine wichtige Frage ist die, wer die Beweislast einer Pflichtteilverjährung zu erbringen hat. Gemäß Erbrecht ist das stets der Antragsgegner, also der begünstigte Erbe, welcher versucht, einen Pflichtteilsberechtigten an der Beteiligung des Erbes zu hindern. Er ist ebenfalls dazu verpflichtet, vor Gericht plausibel zu belegen, wann der Gegner Kenntnis über den Erbfall und vom Tod des Erblassers erfahren hat.
Diese Tatsachen bilden die Grundlage für das Urteil, ob bereits eine Verjährung des Pflichtteils eingetreten ist oder ob das Recht auf eine Auszahlung in Höhe des Pflichtteils noch besteht.
Die Frist für den Pflichtteilsergänzungsanspruch
Zu den Besonderheiten im Erbrecht gehört der sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch. Dieser kommt in Fällen zum Tragen, in denen der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen an Angehörige und Dritte veranlasst hat.
Durch die Schenkung wird die Erbmasse geschmälert. Aus diesem Grund besitzt der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch auf die Summe, um welche sich das Erbe durch die Schenkung reduziert hat. Genau wie bei einem herkömmlichen Pflichtteilsanspruch ist auch für den Pflichtteilsergänzungsanspruch eine Frist von drei Jahren für die Verjährung angesetzt.
Im Gegensatz zum Pflichtteilsanspruch muss der berechtigte Erbe neben der Kenntnisnahme des Tods und der Enterbung zusätzlich über die Kenntnis der Schenkung des Verstorbenen sein. Erfährt er von der getätigten Schenkung nachträglich, beginnt auch die Verjährungsfrist später. Selbst wenn für den Pflichtteil die Frist der Verjährung bereits eingetreten ist, kann es möglich sein, dass der Anspruch auf die Pflichtteilsergänzung noch immer besteht.
Sonderfälle bei der Verjährung einer Schenkung
Betrachtet man die Verjährungsfrist bei einer Schenkung, ist besondere Vorsicht geboten. Einberechnet werden alle Vermögenswerte, welche in den letzten zehn Jahren vor dem Tod des Erblassers verschenkt wurden. Schenkungen, welche weiter zurückliegen, werden für den Pflichtteil beim Erbberechtigten nicht mehr berücksichtigt.
Bei den Pflichtteilsergänzungsansprüchen gibt es zwei Besonderheiten zu berücksichtigen:
Eine Verjährung von drei Jahren beginnt unabhängig von der Kenntnis des Erbfalls im Falle von Ansprüchen gegen den Beschenkten
Die Frist wird erst ab dem Zeitpunkt angerechnet, seit welchem der Berechtigte Kenntnis der entsprechenden Schenkung nimmt
Wichtige Ausnahmen bei der Verjährung
Im Zusammenhang mit Pflichtteilsansprüchen gibt es einige Sonderregelungen und Ausnahmen zu berücksichtigen, welche einen Einfluss auf die Verjährung haben:
Der Pflichtteil bei Minderjährigen
Haben Minderjährige Ansprüche auf einen Pflichtteil, wird die Verjährung des Pflichtteils im Erbrecht großzügig bemessen. Gemäß § 207 Absatz 1 BGB wird die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs gehemmt, bis die Kinder das 21. Lebensjahr erreichen. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die Verjährungsfrist.
Mangelnde Kenntnis über den Erbfall
Sofern ein Pflichtteilsberechtigter weder von dem Erbfall, noch, dass er laut Testament enterbt wurde, gewusst hat, tritt die Verjährung 30 Jahre nach der Kenntnisnahme ein. Solche Fälle sind beispielsweise möglich, wenn Erben nichts von einem Verwandtschaftsverhältnis gegenüber dem Erblasser wissen.
Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments
Bestehen berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit des Testaments, ist es möglich, auch noch nach der Drei-Jahres-Frist für eine Durchsetzung des Pflichtteils zu sorgen. Voraussetzung sind belastbare Informationen, die belegen, dass das Testament gefälscht wurde oder dass der Erblasser zum Zeitpunkt der Verfassung testierunfähig war.
Den Pflichtteil erfolgreich einfordern
Falls Sie unsicher sind, ob Sie pflichtteilsberechtigt sind und ob bereits eine Verjährung eingetreten ist, ist ein Anwalt der richtige Ansprechpartner für Sie. Mit einem Anwalt an Ihrer Seite haben Sie die besten Möglichkeiten für die Durchsetzung und Geltendmachung Ihrer Rechte gegenüber den Erben.
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