Fristlose Kündigung durch Arbeitgeber – wann ist das möglich?

von Andreas Traub

Mai 5, 2022


Eine fristlose Kündigung ist besonders schwerwiegend, da der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber von heute auf morgen entlassen werden kann - ohne Recht auf Abfindung.

Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sind streng. Falls Sie einen Arbeitnehmer fristlos entlassen möchten oder selber eine fristlose Kündigung erhalten haben, erfahren Sie hier, worauf es dabei ankommt.

Folgende Gründe sind zulässig

Für eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber muss ein wichtiger Grund vorliegen. Bei einer außerordentlichen Kündigung haben Sie das Recht, den Kündigungsgrund umgehend schriftlich mitgeteilt zu bekommen (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB).

Wichtige Auslöser für fristlose Kündigungen können unter anderem die folgenden Beispiele sein:

  • Verdacht auf eine Straftat                                                                  Sobald ein schwerwiegender Verdacht vorliegt, dass der Arbeitnehmer oder Auszubildende in eine Straftat verwickelt ist, kann der Arbeitgeber eine fristlose Kündigung aussprechen. Allerdings reicht nicht alleine der Verdacht, sondern die Tat muss erwiesen sein und der Arbeitgeber muss den Beschuldigten vor der Kündigung anhören (BAG, Urteil vom 12. Februar 2015, Az. 6 AZR 845/13).
  • Diebstahl, Betrug und Veruntreuung                                            Diese drei Straftaten werden, unabhängig von der Schadenshöhe, als wichtiger Kündigungsgrund betrachtet. Im Einzelfall ist eine Abmahnung erforderlich, eine Interessensabwägung ist nach dem BAG Urteil vom 10. Juni 2010, Az. 2 AZR 541/09 immer durchzuführen.
  • Geschäftsschädigende Äußerungen und Beleidigung des Arbeitgebers 

    Liegt ein geschäftsschädigendes Verhalten wie etwa die negative Äußerung über den Arbeitgeber im Internet vor, muss dieses nicht hingenommen werden. In diesem Fall ist es ggf. möglich, dem Arbeitnehmer eine außerordentliche Kündigung auszusprechen (Urteil vom 15. März 2013, LAG Hamm, Az. 13 Sa6/13).

    Auch die Beleidigung des Arbeitgebers ist ein Grund für eine außerordentliche Kündigung und stellt einen erheblichen Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten dar (BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az. 2 AZR 418/01). Je nach Schwere der Beleidigung und der Beschäftigungsdauer muss im Einzelfall vor der Kündigung abgemahnt werden (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2016, Az. 4 Sa 5/16).

  • Sexuelle Belästigung                                                                           Liegt eine sexuelle Belästigung von einer Kollegin oder einem Kollegen vor, können auch langjährige Mitarbeiter außerordentlich gekündigt werden. (LAG Niedersachsen, Urteil vom 6. Dezember 2013, Az. 6 Sa 391/13, BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 323/10). 
  • Mobbing                                                                                                    Werden die Arbeitskolleginnen oder Kollegen unter Druck gesetzt oder herabwürdigend behandelt, kann der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung aussprechen. Je nach Schweregrad wird keine vorherige Abmahnung benötigt (LAG Thüringen, Urteil vom 15. Februar 2001, Az. 5 Sa 102/00).
  • Weitere mögliche Ursachen:
    • Arbeitsverweigerung (LAG Hamm, Urteil vom 25. Mai 2012, Az. 7 Sa 2/12)

    • Konkurrenztätigkeit (LAG Hessen, Urteil vom 10. Juni 2013, Az. 21 Sa 850/12)

    • Angedrohtes Krankfeiern (BAG, Urteil vom 12. März 2009, Az. 2 AZR 251/07)

    • Eigenmächtiger Urlaubsantritt (BAG, Urteil vom 21. November 1996, Az. 2 AZR 357/95)

    • Arbeitszeitbetrug ((BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 381/10)

Diese Gründe sind nicht zulässig

Nicht alle Gründe dürfen vom Arbeitgeber mit einer fristlosen Kündigung und somit zu einem sofortigen Beenden des Arbeitsverhältnisses quittiert werden. Nicht anerkannte Gründe für eine fristlose Kündigung sind unter anderem:

  • Fehlen einer AU                                                                                      Fehlt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ist das grundsätzlich kein Grund für eine fristlose Kündigung. Wird die Bescheinigung nachgereicht, ist eine Abmahnung ausreichend.
  • Betriebsrat-Gründung                                                                           Es liegt kein Grund zur fristlosen Kündigung vor, wenn ein Betriebsrat gegründet wird. Im Gegensatz ist es strafbar, die Wahl zu be- oder gar zu verhindern (§ 119 BetrVG).
  • Tragen eines Kopftuchs am Arbeitsplatz                                        Auch wenn das Tragen eines Kopftuchs gegen die Bekleidungsvorschriften des Unternehmens verstößt und sich die Trägerin beharrlich weigert, es abzulegen, da die Religionsfreiheit in Abwägung mit den Interessen der Firma wichtiger ist (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.10.2002, Az: 2 AZR 472/01).
  • Alkoholkonsum                                                                                      Zwar kann bei einer Alkoholkrankheit eine personenbedingte Kündigung aufgrund von Krankheit möglich sein, eine fristlose Kündigung kann deswegen jedoch nicht ausgesprochen werden. Es ist höchstens eine Abmahnung und infolgedessen eine ordentliche Kündigung erlaubt.  (Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 17. Mai 2010, Az: 5 Sa 1072/09).
  • Wirtschaftliche Folgen aufgrund der Covid-Pandemie              Im Zusammenhang der wirtschaftlichen Folgen aufgrund der Covid-19 Pandemie sowie generell aus betriebsbedingten Gründen ist keine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber möglich.

Fristlose Kündigung erhalten? Setzen Sie sich zur Wehr

Ihr Arbeitgeber hat Ihnen fristlos gekündigt? Als Arbeitnehmer müssen Sie die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht direkt akzeptieren. Es gibt Möglichkeiten zur Gegenwehr wie etwa eine Verhandlung mit dem Arbeitgeber, einer Klage vor dem Arbeitsgericht bis zur Wiedereinstellung oder Abfindung. Kontaktieren Sie einen Anwalt für Arbeitsrecht, welcher Ihnen die einzelnen Wege aufzeigt, die Voraussetzungen für die Kündigung prüft und Ihnen mit zahlreichen Informationen rund um das Thema zur Seite steht.

Es kommt auf eine schnelle Reaktion und juristische Feinheiten an

Bei einer fristlosen Kündigung ist schnelles Handeln äußerst wichtig. Das Versäumen von Fristen kann mit finanziellen Konsequenzen wie beispielsweise einer Sperrzeit für das Arbeitslosengeld recht hart ausfallen. Umso wichtiger ist es, zum einen schnellstmöglich zu agieren und zum anderen den Rat durch einen Anwalt in Anspruch zu nehmen. Anwälte kennen die verschiedenen Fristen und wissen, was bei Kündigungen zu tun ist. Am Ende können juristische Feinheiten über einen Erfolg für Sie als Arbeitnehmer entscheiden.

Mit einem erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht stehen Ihre Chancen gut

Kontaktieren Sie im besten Fall direkt, nachdem Sie die fristlose Kündigung erhalten haben, einen erfahrenen Anwalt. Er kümmert sich darum, dass Sie keine wichtige Frist verpassen, führt eine Prüfung des Kündigungsgrundes und des Arbeitsvertrags durch und hilft Ihnen beispielsweise bei der Verhandlung um eine Abfindung.

Zusammen mit einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht haben Sie gute Chancen als Arbeitnehmer, den Verlust Ihres Arbeitsplatzes nicht einfach hinzunehmen, sondern den für Sie bestmöglichen Ausgang zu finden.

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